Mit den falschen Mitteln: Militär von außen kann keine demokratische Gesellschaft erzwingen-
Nagelkreuzgemeinschaft und St. Johannis eröffnen mit einer Podiumsdiskussion am die Gedenkfeiern zum 16. März
„Sind Militäreinsätze ein Mittel für die Friedenspolitik?“ haben die Veranstalter des Podiumsgesprächs „Nicht ist gut in Afghanistan“, die Ökumenische Nagelkreuzinitiative und die Kirchengemeinde St. Johannis, am 13. März in der Johanniskirche gefragt. Nach einem Einführungsüberblick von Dr. Hans Steidle über die politischen Umbrüche in Afghanistan seit dem Abzug der Sowjetunion hat Thomas Schmelter vom Netzwerk Ökopax die Frage rasch beantwortet: Die UN-Charta sieht keine Militäreinsätze zur Herstellung gerechterer oder friedlicherer Verhältnisse vor. Zum Aufbau demokratischer Gesellschaften und zur Entwicklung eines Landes stehen andere vielfältige Möglichkeiten offen. Insofern sei der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan nicht mehr legitimiert gewesen, nachdem die Abwehr der Gefahren, die von den Taliban ausgegangen war, gelungen sei, so auch Dr. Peter Schwittek von der „Organisation zur Förderung regionaler afghanischer Initiativen“, die seit Jahrzehnten das Schulwesen in Afghanistan fördert. Schwittek wusste von Ansatzpunkten zu berichten, die selbst das intolerante frühere Taliban-Regime zugelassen habe. Die NATO habe sich der vorfindlichen „Räuberhäuptlinge“ im Lande bedienen müssen, um ein demokratisches Scheingebilde zu errichten und musste daran scheitern. Auch er setzt auf zivile Zusammenarbeit mit den jetzigen Taliban. „Es ist einiges möglich“, so seine Einschätzung.
„Was hat die militärische Präsenz gebracht?“ fragte Stephanie Böhm, die das Podium und anschließende Gespräch mit dem Publikum geschickt moderierte, Lucas Wehner, Reservist und Politikwissenschaftler vom „Partnerschaftsnetzwerk Afghanischer Ortskräfte.“ „Alles Menschliche war richtig“, so Wehner, der an die enorme Verbesserung im Gesundheitswesen und die massive Absenkung der Kindersterblichkeit in Afghanistan erinnerte, solange die NATO-Truppen im Land waren. Die speziellen Probleme afghanischer Flüchtlinge schilderte Dr. Sigrid Mahsberg von der Kolping-Akademie. Die Anerkennungsquote sei verschwindend gering, und die überdurchschnittlich hohe Integrationsbereitschaft, die in Studien bestätigt werde, werde von Behörden und teilweise auch in der Öffentlichkeit nicht honoriert.
„Es ist gut, dass diese Veranstaltung zu Beginn des Gedenkens an den 16. März nicht für die Ukraine-Thematik verschoben worden ist“, stellten etliche der etwa 50 Besucher der Diskussion, die trotz des herrlichen Frühlingswetters gekommen waren, beim anschließenden Beisammensein im Freien fest. Denn alle Fragestellungen aus dem NATO-Einsatz in Afghanistan stellten sich genauso heute in Mali, wo europäische und auch deutsche Truppen ganz ähnlich scheitern können.
(Jürgen Reichel)