Ein Jahr nach dem Angriff
Ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine beteten Gläubige in der Würzburger Marienkapelle um Frieden.
Der Ukrainekrieg zwingt Länder wie Deutschland zur Entscheidung. Waffen an die Ukraine liefern oder nicht? Egal wie die Bundesregierung entscheidet – Deutschland ist mitverantwortlich für Gewalt. Dieses Dilemma benannte der evangelisch-lutherische Dekan Dr. Wenrich Slenczka bei einem ökumenischen Friedensgebet am Freitag, 24. Februar, in der Würzburger Marienkapelle. Die Feier erinnerte an den russischen Überfall auf die Ukraine ein Jahr zuvor.
Wie viele Menschen der Ukrainekrieg berührt, zeigte die Besuchermenge in der gefüllten Marienkapelle. Gläubige verschiedener Konfessionen zeigten durch ihre Teilnahme ihren Wunsch nach Frieden. In seiner Ansprache zum Jahrestag des Kriegsbeginns verurteilte Dekan Slenczka das Vorgehen der russischen Führung. „Was als erstes stirbt im Krieg, ist die Wahrheit“, unterstrich er. Die Angreifer würden die Tatsachen umdrehen und sich selbst als Opfer darstellen, sagte Slenczka mit Verweis auf Russlands Präsident Wladimir Putin. Dessen Entscheidung, das Nachbarland anzugreifen, habe viele Menschen in Europa in Schrecken versetzt. „Wir hatten nicht damit gerechnet“, rief Slenczka in Erinnerung. Nicht in Europa, das eine lange Friedenszeit erlebt habe. Nun brauche die angegriffene Ukraine Waffen, um sich verteidigen zu können. Dies stürze Länder wie Deutschland in ein Dilemma, führte der Dekan aus: „Wir machen uns schuldig, egal ob wir Waffen geben oder nicht.“ Denn Waffen ermöglichten das Töten erst. Wie sich die Bundesrepublik auch verhalte – „es ist in gewisser Weise immer falsch, es ist in gewisser Weise immer Sünde“. Slenczka würdigte die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine. „Wir können dankbar sein, dass wir eine Gesellschaft haben, die bereit ist, aufzunehmen“, lobte er. Und er verwies auf die Osterhoffnung, die zusage, dass jeder Schrecken überwunden werde. „Beten wir weiter, dass Frieden werde“, appellierte der Dekan.
Mit Slenczka standen katholische Geistliche dem Friedensgebet vor: Dekan Domkapitular Stefan Gessner und Dr. Matthias Leineweber, der Rektor der Marienkapelle. Das evangelische und katholische Dekanat Würzburg hatten gemeinsam zur Feier eingeladen. Bei der Begrüßung der Kirchenbesucher charakterisierte Dekan Gessner das Jahr seit dem Angriff auf die Ukraine als „ein Jahr voller Ängste und Sorgen, Verluste, Tod und Trauer, Grausamkeit und Gewalt“. Er lud dazu ein, um Frieden zu beten.
Das Versöhnungsgebet von Coventry beschloss den Gottesdienst, bei dem das Nagelkreuz von Coventry im Altarraum stand.
(Ulrich Bausewein)