vom 26.3. bis 30.3.2017
Die Tagung der Landessynode in Coburg wurde durch die Diskussion über den Prozess „Profil und Konzentration“ sowie über den Themenbereich „Kirchenasyl“ bestimmt.
Außerdem wurden die Barmer Theologische Erklärung in die Kirchenverfassung aufgenommen sowie ein neues Bildungskonzept verabschiedet.
Der Eröffnungsgottesdienst der Synode wurde in der Moritzkirche zu Coburg gefeiert. Es predigte Pfarrerin Kathrin Oxen vom EKD-Zentrum für Predigtkultur. Sie berichtete von ihren Erfahrungen in den östlichen Bundesländern, darüber, wie leicht es gewesen sei, Menschen von der Kirche abzubringen und wie schwer es offensichtlich ist, sie zurückzugewinnen. Die Predigt barg wenig Ermutigung in sich, vielmehr die Warnung, wie schnell Traditionsabbrüche wirksam werden können.
Neupositionierung der Evangelischen Erwachsenenbildung
Sehr einmütig wurde das neue Bildungskonzept der Landeskirche verabschiedet. Es will Evangelische Bildungswerke als dekanatliche Kompetenz- und Servicezentren profilieren, neue Bildungsformate professionalisieren sowie Bildungseinrichtungen und Bildungsarbeit regionalisieren. So wird im Evangelischen Bildungswerk Würzburg und im Rudolf-Alexander-Schröder-Haus schon lange gearbeitet: Es gibt Fortbildungen für Ehrenamtliche und Hauptamtliche, z.B. für Sekretärinnen, Vertrauensleute und Kirchenvorstände. Kursangebote und Vorträge werden mit der Familienbildung eng vernetzt. Die Zusammenarbeit mit der Bildungsarbeit in den Gemeinden vor Ort ist gut und kooperativ. All das wird durch das neue Bildungskonzept bestärkt und gefördert.
Profil und Konzentration als Reformprozess
„Profil und Konzentration“ stand im Mittelpunkt der Synodaltagung. „Die Botschaft vom gekreuzigten und auferstandenen Christus eröffnet Räume des Lebens und trägt Gottes Liebe in die Welt.“ So beginnt das entsprechende Papier.
Einem solchen Satz können viele Menschen in unserer Kirche zustimmen. Allerdings stellen besonders die engagierten Christinnen und Christen fest, dass die gute Botschaft immer weniger Leute interessiert, sich in den Gemeinderäumen und Kirchen immer kleinere und in sich gekehrte Gruppen und Grüppchen versammeln.
Deswegen folgt in „Profil und Konzentration“ eine Problemanzeige: „Es besteht Handlungsbedarf, weil die überkommene Organisation der ELKB (d.i. die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern) an ihre Grenzen kommt und die Kirche mit ihrer Arbeitsweise immer weniger Menschen erreicht. Ihr Zeugnis von Gottes erlösender Liebe findet kaum noch Gehör.“ Auch dem werden sich viele Christinnen und Christen in unseren Gemeinden anschließen können.
Strategische Neuausrichtung
Das ist der Hintergrund, vor dem für die strategische Neuausrichtung unserer Kirche beschlossen wurde:
Die Evangelisch-Lutherische Kirche gibt Zeugnis von der Liebe des menschgewordenen Gottes. Sie orientiert sich am Auftrag der Heiligen Schrift und organisiert ihre Arbeitsformen und ihren Ressourceneinsatz konsequent auf das Ziel hin, dass Menschen mit ihren heutigen Lebensfragen einen einfachen Zugang zu dieser Liebe finden.
Daraus ergeben sich folgende Grundaufgaben:
- Christus verkündigen und geistliche Gemeinschaft leben
- Lebensfragen klären und Lebensphasen seelsorgerlich begleihten
- Christliche und soziale Bindung ermöglichen
- Not von Menschen sichtbar machen und Notleidenden helfen
- Nachhaltig und gerecht haushalten
Wie können die Grundaufgaben so umgesetzt werden, dass die engeren Kreise verlassen und neue Menschen angesprochen werden?
Dieser Aufgabe müssen sich Gemeinden, Dekanate und Einrichtungen stellen und das ist gar nicht so einfach. Deswegen ist es wichtig, miteinander im Gespräch zu bleiben und zusammenzuarbeiten.
Das soll in Räumen geschehen, also etwa auf Dekanatsebene oder in Regionen.
Sprachfähigkeit über Glaubensfragen
Nun ist es an uns, die Chance zu ergreifen und uns als Gemeinden, als engagierte Christinnen und Christen nach außen zu orientieren, hin zu den Menschen mit denen wir unser Leben teilen, die mit uns in einer Stadt oder einem Dorf wohnen, unsere Nachbarn und Kollegen sind. Das ist gar nicht so einfach. Wichtig wird es sein, dass wir gemeinsam versuchen, immer wieder neu sprachfähig im Glauben zu werden. Gerade gegenüber Zeitgenossen, die nicht zu unserem engeren kirchlichen Kreis gehören. Dass Pfarrerinnen und Pfarrer, Religionslehrer und Kirchenvorsteherinnen ebenso wie ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Auskunft über den Glauben und die gute Botschaft geben können.
So können wir gemeinsam Volkskirche bleiben im Sinne einer Kirche, die die Botschaft von der Gnade an alles Volk ausrichtet.
Aufnahme der Barmer Theologischen Erklärung in die Kirchenverfassung
Das sagt die Barmer Theologische Erklärung in ihrer sechsten These. Mit nur wenigen Gegenstimmen hat die Synode einen Bezug zur Barmer Theologischen Erklärung von 1934 in die Kirchenverfassung aufgenommen: „In der Barmer Theologischen Erklärung von 1934 weiß sie die befreiende und verbindliche Kraft des Evangeliums Jesu Christi aufs Neue bekannt.“
Damit wurde ein betont auf Christus bezogener Text neu ins Bewusstsein der kirchlichen Öffentlichkeit gehoben.
Die Barmer Theologische Erklärung findet sich zum Nachlesen im Gesangbuch auf S. 1577ff.
Überprüfung des „neuen innerkirchlichen Finanzausgleichs“
Der Antrag des Dekanats Rügheim sowie mehrerer Kirchengemeinden auf Sonderzuweisungen sorgte für Diskussionen über die finanzielle Ausstattung der Gemeinden. Leider wurde dem konkreten Antrag nicht stattgegeben. Allerdings hat die Synode den Landeskirchenrat gebeten, ein Konzept zur Unterstützung finanzschwacher Gemeinden zu erarbeiten. Gerade wird auch das System des sogenannten „innerkirchlichen Finanzausgleichs“ überprüft. In diesem Zusammenhang sagte Oberkirchenrat Dr. Hübner zu, die genaue Verteilung der Mittel für die Kirchengemeinden (insgesamt 148 Millionen Euro) zu überprüfen.
Die Frage nach dem Kirchenasyl
Das Thema Kirchenasyl war die politisch brennende Frage während der Synode. Staatsanwaltschaften in Bayern haben in jüngster Zeit Ermittlungsverfahren eingeleitet, da Kirchenasyl „in der Regel eine strafbare Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt“ darstellt, wie Justizminister Bausback feststellt. Landesbischof Bedford-Strohm nennt Kirchenasyl dagegen einen „Dienst am Rechtsstaat“, da das Kirchenasyl eine Möglichkeit bietet, ausstehende Entscheidungen der Justiz zugunsten eines Asylbewerbers noch abzuwarten.
Gerade vom Landesbischof und von dem zuständigen Oberkirchenrat Michael Martin wurde betont, dass Kirchenasyl eine „ultima ratio“, also eine „letzte Möglichkeit“ sein soll, wenn alle anderen Möglichkeiten des Beistands ausgeschöpft sind.
Deutlich wurde von der Gewährung von Kirchenasyl für Afghanen abgeraten, die abgeschoben werden sollen, da hier keine Bleibeperspektive besteht. An dieser Frage entzündete sich allerdings eine heftige politische Diskussion in den Tagen nach der Synode. Afghanistan wird von der Bundesregierung als so sicher eingeschätzt, dass Menschen dorthin abgeschoben werden können. Diese Einschätzung wird von engagierten Flüchtlingshelfern als unzutreffend bewertet, da es immer wieder Berichte über Anschläge und Unruhen in Afghanistan gibt.
Fazit
Insgesamt eine sehr inhaltsreiche Synode, die durch „Profil und Konzentration“ eine Chance zu Erneuerung und Öffnung des gemeindlichen Lebens in Bayern in die Welt gebracht hat.
Dr. Edda Weise